Ein Artikel im Konradsblatt Freiburg zu ihrem 85sten Geburtstag (2001) beschreibt ihr Leben und ihre Arbeit:

Elisabeth (*1916 )

geboren am 14. 09. 1916 in Schliengen als Tochter des Winzers Martin Vomstein und der Johanna Flury.

Schliengen

Seit über 40 Jahren lebt und arbeitet Elisabeth Vomstein in Indien. Die aus Schliengen im Markgräflerland stammende Ärztin kann auf ein großartiges Lebenswerk zurückblicken

Eine außergewöhnliche Frau, ein abenteuerliches Leben: Im Jahre 1960 verließ Elisabeth Vomstein ihre Heimatstadt Schliengen. Sie tauschte das liebliche Markgräflerland mit der trocken-heißen Staubebene Südindiens. Dass es dort an fast allem fehlte, was in der Heimat selbstverständlich war – angefangen vom sauberen Wasser – war der engagierten Ärztin egal: „Ich wollte da sein, wo die Ärmsten sind“, sagte sie vor einigen Jahren im Gespräch mit dem konradsblatt.

Heute, kurz vor ihrem 85. Geburtstag, den sie am 14. September mit guten Freunden in Salem, einer Millionenstadt im indischen Bundesstaat Tamil Nadu feiert, kann Elisabeth Vomstein auf ein großartiges Lebenswerk zurückblicken. Unweit von Salem hatte sie 1961 die Leprastation Chettipatty übernommen. Aus einem primitiven Hospital ist ein Leprazentrum mit fast 100 Betten und 95 Angestellten geworden. Mit Hilfe des Deutschen Aussätzigen-Hilfswerks sowie von Freunden und treuen Spendern wurde Chettipatty durch zahlreiche Außenstationen erweitert. Heute ist diese Institution weit über die Grenzen ihres unmittelbaren, 450 Quadratkilometer großen Einzugsbereichs bekannt.

„Ich bin ein ganz gewöhnlicher katholischer Laie.“ Elisabeth Vomstein musste diese Tatsache immer wieder betonen. Denn jeder vermutet, dass hinter ihrem Engagement und ihren Projekten zumindest eine Ordensgemeinschaft stehen müsste, vielleicht mit einer charismatischen Führungspersönlichkeit an der Spitze. Aber dem ist nicht so. Elisabeth Vomstein ist einfach Ärztin. Erst nach dem Krieg konnte sie Medizin studieren. 1961 begann sie mit der Arbeit in Chettipatty. Als „Sprechzimmer“ diente damals in den Dörfern oft der Schatten eines Baumes, vor dem sich tagaus, tagein lange Warteschlangen bildeten. Bis zu 400 Lepra-Patienten wurden an einem Vormittag behandelt. Es dauerte 30 Jahre bis die Zahl der Neuerkrankungen spürbar sank.

Dies gelang nicht nur aufgrund der flächendeckenden Behandlung der schrecklichen, aber heute heilbaren Krankheit, sondern auch durch intensive Aufklärungskampagnen. Ziel war und ist es, die Menschen auf die frühen Symptome der Krankheit aufmerksam zu machen und ihnen die Angst vor der Lepra zu nehmen. Zudem kümmerten sich die Mitarbeiter des Leprazentrums in Chettipatty auch immer stärker um die berufliche Wiedereingliederung der behandelten Menschen sowie um die Schulbildung der Kinder. Elisabeth Vomstein ging es von Anfang an darum, nicht nur Symptome zu bekämpfen, sondern die Ursachen von Krankheit und Elend anzugehen. „Wir müssen die Lebensbedingungen ändern“, betonte sie immer wieder.
Erst 1999 gab Elisabeth Vomstein die Leitung der gut geführten Station in Chettipatty an indische Schwestern des St.-Joseph-Ordens ab. Gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter, dem leitenden Arzt von Chettipatty, Dr. Chinnaiyan, begann sie noch einmal ein neues Projekt: Für die an Chettipatty angrenzende Region Mettur und die Stadt Salem gründete sie das Hilfswerk ACWERK. Schwerpunkt ist wiederum die Lepra-Vorsorge. Der indische Staat stellt in begrenzter Menge kostenfreie Medikamente für die Patienten zur Verfügung. ACWERK kümmert sich vor allem um die Unterprivilegierten und hat für die vielen Analphabeten unter den arbeitenden Kindern und Erwachsenen eine Abendschule in Mettur und in Salem eingerichtet. Es werden auch Ausbildungen in einfachen handwerklichen Berufen angeboten.
Die Neugründung ACWERK bedeutet einmal mehr Pionierarbeit in einer kargen und wenig entwickelten Region von 776 Quadratkilometern mit fast 320000 zu betreuenden Einwohnern. Dr. Chinnaiyan erfasst durch systematische Untersuchungen der Bevölkerung vor allem die Schulkinder. Zu diesen Sondersprechtagen begleitet ihn Dr. Vomstein auch heute noch zweimal im Monat. Die Bedingungen sind schwierig. Wie in den Anfangszeiten finden die Sprechstunden in den Dörfern oftmals im Freien statt. Bis zu zehn Prozent der untersuchten Schulkinder sind von einer leprösen Erkrankung im Frühstadium betroffen. Weitere häufige Diagnosen sind Tuberkulose, Anämie, Furunkel, Hautinfektionen, Magen- und Darmerkrankungen oder Unterernährung und Vitamin- und Mineralstoffmangel.
Einen Besuch in der Heimat anlässlich ihres 85. Geburtstages hatte Dr. Vomstein geplant. Aber ebenso wie Dr. Chinnaiyan ist sie angesichts der Fülle der Aufgaben für das Hilfswerk und die Station Mettur kaum abkömmlich. Ihre freie Zeit nutzt sie, um verschiedene Begebenheiten ihres erfüllten und abenteuerlichen Lebens aufzuschreiben. Dr. Chinnaiyan und viele indische Freunde bewundern und achten Elisabeth Vomstein für ihre Lebensleistung. Angesichts ihrer jahrelangen Zuwendung und Aufopferung für die indischen Patienten ist sie in ihren Augen Vorbild für gelebtes Christentum.

Hinweis: Freunde und Förderer von Elisabeth Vomstein haben in Schliengen ein Konto eingerichtet. Die Spenden gehen direkt nach Indien: Hilfswerk Indien Dr. Elisabeth Vomstein e. V., Im Geistergarten 6, 79418 Schliengen, Volksbank Dreiländereck, Konto: 347 1209, BLZ 683 900 00.

1.Reihe: Elisabeth Vomstein, Emilie Vetter, Friedoline Vomstein geb. Sattler ( meine GM), Maria Vomstein-Stork,
2.Reihe: Gottfried Vomstein, Martin Vomstein, Fritz Dornes, Helene Bögle, August Klein, Anna Hinnenberger, Johanna Vomstein, Adolf Hauer, Herbsthelfer,
3.Reihe: Camill Vomstein, Franz Vomstein, (Dr.) Elisabeth Vomstein, Ernst Vomstein (Bruder zu Franz), Anna Seiter, Agnes Bierlox geb. Meier, Herbsthelferin (Quelle: Bildarchiv Rainer Vomstein/Mauchen)
SW-Abb.1965
Die Anfänge in Chettipatty
2005
Im Gespräch mit Dr. Fritschi (Chirurg)
Elisabeth kehrte 2009 nach Deutschland zurück und lebt nun in Freiburg.